Projekt „Schulbesuch vom Landtag“

Degerloch Muhterem Aras hat am Mittwoch mit Oberstufenschülern der Karl-Schubert-Schule geplaudert. Von Tilman Baur

 

Projekt „Schulbesuch vom Landtag“

Berührungsängste beim Kontakt mit behinderten Kindern sind für Landtagspräsidentin Muhterem Aras offenbar ein Fremdwort. Am Mittwoch stattete sie den Zwölftklässlern der Karl-Schubert-Schule einen Besuch ab und betrat das Klassenzimmer, als gehöre es zu ihrer täglichen Routine. Das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) hat den Schwerpunkt geistige Förderung. Gearbeitet wird dort auf Grundlage der Waldorfpädagogik und der anthroposophischen Heilpädagogik. 

Der Besuch erfolgte im Rahmen des Projekts „Schulbesuch vom Landtag“, bei dem Landespolitiker vor Schulklassen erzählen, was sie so den ganzen Tag lang treiben. So erzählte Aras von ihrem Amt als Landtagspräsidentin, das sie seit 2016 als erste Frau überhaupt ausübt. Die Schüler machten es Aras leicht, hörten gebannt zu und fragten viel zwischenrein. Sie sei die Präsidentin von 143 Abgeordneten, sagte Aras, und müsse dabei schauen, dass es fair zugehe – wie ein Schiedsrichter beim Fußball. „Sie sagen, wo’s langgeht“, kommentierte ein Schüler und erntete Gelächter. Vieles musste Aras aber gar nicht mehr erläutern, die Klasse wusste die gebürtige Türkin mit einigem Wissen zu beeindrucken. Nur der Name des Ministerpräsidenten machte Schwierigkeiten – denn der heißt nicht Martin Schulz, wie einer der Schüler halb im Scherz behauptete, sondern Winfried Kretschmann. Besonderes Interesse und erstaunte Ausrufe hatten Aras‘ Ausführungen über ihre Herkunft und Kindheit zur Folge. „Ich bin in einem kleinen, ostanatolischen Dorf mit fünf Geschwistern aufgewachsen, es gab keinen Strom und keine Toilette“, so Aras. „Und auch kein Handy?“, fragte eine Schülerin. Lachen. 

Aras ist deutschlandweit die erste muslimische Landtagspräsidentin, in Baden-Württemberg zusätzlich die erste Frau. In Sachen Geschlechtergerechtigkeit gebe es weiterhin Nachholbedarf, denn nur 25 Prozent der Landtagsabgeordneten seien weiblich. Ihre eigene politische Karriere verdanke sie nicht zuletzt ihrem Ehemann, der für die Kinder da sei, einkaufe, putze und jeden Sonntag ein ausgiebiges Frühstück zubereite, sagte sie. Große Begeisterung löste Aras aus, als sie die Frage einer Schülerin bejahte, ob sie der Bundeskanzlerin schon einmal die Hand geschüttelt habe. Zum Schluss lud sie die Schüler in den Landtag ein. „Dort dürft ihr dann auf den Präsidentenstuhl sitzen“, sagte sie. Bevor es zum nächsten Termin ging, stellte ein Schüler die entscheidende Frage – die nach der Bezahlung: Mehr als 16 000 Euro im Monat gibt es für die Aufgabe der Landtagspräsidentin – und einen Chauffeur obendrauf. Mehr Zeit blieb nicht mehr, Aras‘ Terminkalender ist vollgepackt. 

„Es war ein toller Besuch“, sagte Eberhard Renz, Geschäftsführer der Karl-Schubert-Schule, der sich über den unkomplizierten Umgang freute.

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